Bewegungswissenschaft
Interviewreihe - Eine Fakultät stellt sich vor #5„Es ist großes Glück, Theorie und Praxis in der Lehre zu verbinden.“Interview mit Dr. Nina Krüger, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Differentielle Psychologie und Psychologische Diagnostik
30. Oktober 2020, von Webmaster PB

Foto: Wohlfahrt/UHH
Frau Krüger, Sie haben Ihr Studium als auch Ihre Promotion an der Universität Hamburg abgeschlossen und sind nun seit 2014 am Arbeitsbereich Differentielle Psychologie und Psychologische Diagnostik tätig. Was hat Sie genau dorthin geführt?
Ich bin tatsächlich waschechte Hamburgerin (auch wenn auf meiner Geburtsurkunde etwas Anderes steht) und bin aufgrund von familiären und sozialen Gründen einfach in Hamburg „hängen geblieben“. Die Psychologie war nur eine meiner drei Studienwahlen – die Soziologie setzte mich auf die Warteliste, die Zusage für die Mathematik trudelte erst drei Tage nach meiner Immatrikulation ein. Ich habe dann früh in meinem Studium begonnen mich am Arbeitsbereich Klinische Psychotherapie und -diagnostik von Kindern, Jugendlichen und Familien sowie in der Talentsuche Mathematik einzubringen und bin so auf mein Diplomarbeitsthema einer Evaluation und letztlich auf die Dissertation (eine Testentwicklung und -evaluation) gekommen. Während dieser Zeit konnte ich viele Erfahrungen als Tutorin, Lehrende und Prüferin sammeln. Da mir sowohl die praktische Arbeit als auch das Lehren viel Freude bereitet, war es für mich ein großes Glück an der Universität Hamburg eine 50%-Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Lehre zu erhalten. So kann ich die theoretischen Grundlagen der Diagnostik mit der praktischen Anwendung in der Lehre verbinden und zudem in beiden Bereichen tätig sein. Heute arbeite ich neben meiner Dozententätigkeit zu einem großen Teil in der Praxis und kann dort wiederum meinen wissenschaftlichen Kontext sehr gut einbringen. Das ergänzt sich für mich zu einem optimalen Entwicklungsfeld.
Können Sie uns einen kurzen Überblich geben, welche Tätigkeitsfelder Sie an unserem Institut ausüben?
An der Universität Hamburg habe ich eine Lehrverpflichtung von insgesamt 8 Semesterwochenstunden. Diese erfülle ich vor allem in der Psychologischen Diagnostik im Bachelor und Master der Psychologie, in Form von Seminaren, Vertiefungsseminaren, Projektarbeiten oder Teilen einer Vorlesung. Außerdem bin ich akademische Vertreterin im Graduiertenförderungsgremium, das zwei Mal jährlich tagt und über die Förderwürdigkeit von Promotionsvorhaben berät. Zudem kümmere ich mich um das LehrLab, das den Studierenden bspw. die Möglichkeit der Beobachtung von Live-Testungen ermöglicht und erfreulicherweise in der Vergangenheit sehr gut von Studierenden und Lehrenden angenommen wurde. Gemeinsam mit Alexander Bodansky bin ich außerdem seit einigen Jahren vom Institut beauftragt, die Orientierungseinheit (ESIW, Erstsemesterinformationswoche) und ihre Tutorinnen und Tutoren zu betreuen.
Inwieweit lässt sich Ihre theoretische Arbeit als Wissenschaftlerin im praktischen Alltag miteinbinden?
Ich habe bereits während meines Studiums in der Praxis gearbeitet und habe die Erfahrung gemacht, dass ich theoretische Inhalte am besten verinnerliche, wenn ich diese mit praktischen Erlebnissen verknüpfen kann. Eine meiner Tätigkeiten ist die Leitung der Talentsuche Mathematik, die der Identifizierung von mathematische besonders begabten Jugendlichen dient. Im Rahmen dieses Projekts konnte ich in der Vergangenheit bereits viele Forschungsarbeiten betreuen. Zudem habe ich stets in der Beratung und Diagnostik von (begabten) Kindern und Jugendlichen gewirkt und konnte dadurch meine entwicklungspsychologischen und klinischen Kenntnisse weiter vertiefen. 2016 habe ich mich entschlossen, die Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin, Fachkunde Verhaltenstherapie, Schwerpunkt Kinder und Jugendliche zu beginnen. Meine praktische Tätigkeit im Rahmen dieser Weiterbildung habe ich in einer Sozialpsychiatrischen-Versorgungspraxis sowie in einem Sozialpädiatrischen Zentrum bzw. der Evangelischen Stiftung Alsterdorf abgeleistet. Dort, im Werner-Otto-Institut, arbeite ich nun seit Anfang 2018 und berate, diagnostiziere und therapiere Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen und deren Familien. Dort arbeite ich in einem sehr engagierten und interessierten Team, die sowohl wissenschaftliche Grundlagen in die praktische Arbeit einbeziehen als auch Wert auf Fortbildungen und interdisziplinären Austausch legen. Die Arbeit mit den Familien ist anspruchsvoll und bereitet mir viel Freude, zudem kann ich immer wieder meine entwicklungs- und neuropsychologischen sowie diagnostischen Kenntnisse einbringen und vertiefen. Umgekehrt kann ich meine praktischen Erfahrungen vielfach in meine Lehrtätigkeit einbringen und so den Studierenden das Zusammenwirken von Theorie und Praxis mit Begeisterung näherbringen. Hoffentlich.
Welche Zukunftsperspektiven sehen Sie für sich an unserem Institut?
Ich sehe zwei Perspektiven: Zum einen habe ich gemeinsam mit Alexander Bodansky ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, das langfristig zur Verbesserung der Qualität von Gutachten in familienrechtlichen Fragestellungen führen soll. Dazu werten wir Ergebnisse anonymisierter Gutachten aus und wollen diese vermutlich abweichenden Referenzwerte für zukünftige diagnostische Prozesse zur Verfügung stellen. Wir hoffen, dass dieses Projekt weiterwächst und wir auch zukünftig Studierende einbinden und unsere Ergebnisse in die Öffentlichkeit tragen können. Zum anderen habe ich in den letzten Jahren viele Studierende bei theoretischen und praktischen Arbeiten angeleitet, Praktikanten betreut und auch Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis inter- bzw. supervidiert. Für die Zukunft könnte ich mir vorstellen diese praktischen Erfahrungen neben der Lehre beispielsweise in Form von Supervision auch in die Ausbildung unserer Studierenden einbringen zu können.
Zur Person
Im Rahmen ihrer Promotion, evaluierte und normierte Nina Krüger einen Fragebogen zur Erfassung internalisierender Auffälligkeiten von Grundschulkindern im Selbsturteil am Arbeitsbereich Entwicklungspsychologie der Universität Hamburg. Neben einigen praktischen Tätigkeiten im Bereich der Begabtenförderung, Jugend- und Frauenarbeit sowie als Diagnostikerin, arbeitet sie seit 2014 als Dozentin für Differentielle Psychologie und Psychologische Diagnostik an der Universität Hamburg. Aktuell befindet sich Frau Krüger zudem in der fortgeschrittenen Ausbildung zur psychologischen Kinder- und Jugendtherapeutin mit Fachkundenachweis Verhaltenstherapie und arbeitet als klinische Psychologin in der Ambulanz eines Sozialpädiatrischen Zentrums.