Bewegungswissenschaft
Interviewreihe - Eine Fakultät stellt sich vor #11„Der Zusammenhalt innerhalb unserer Fakultät stimmt mich für die Zeit, die vor uns liegt, optimistisch.“Interview mit Prof. Dr. Lars Schwabe, Dekan und Leiter des Arbeitsbereichs Kognitionspsychologie, Institut für Psychologie
30. April 2021, von Webmaster PB

Foto: Wohlfahrt/UHH
Herr Schwabe, Sie sind nun seit genau einem Jahr als Dekan der Fakultät für Psychologie und Bewegungswissenschaft tätig. Können Sie für uns diese Zeit einmal Revue passieren lassen?
Mein erstes Jahr als Dekan unserer Fakultät war intensiv und sehr bewegend. Über allem stand und steht die Corona-Pandemie und deren Folgen für die Lehre und Forschung an unserer Fakultät. Als ich das Dekanat übernahm, wurde der Start des Sommersemesters verschoben und es galt, die Lehre in kürzester Zeit auf ein digitales Format umzustellen. Wenig später bewegte unsere ganze Fakultät die Frage, wie Klausuren in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und Abstandsregelungen stattfinden und organisiert werden können. Die experimentelle Forschung im Labor musste wiederholt für mehrere Monate weitestgehend stillstehen, was vielfältige negative Auswirkungen beispielsweise auf studentische Abschlussarbeiten sowie den Fortschritt von Promotionsvorhaben oder Drittmittelprojekten hatte und für viele Mitglieder unserer Fakultät zu belastenden Unsicherheiten führte und weiterhin führt. Darüber hinaus ergeben sich aus der Corona-Pandemie Folgen für die Struktur unserer Universität als Ganzes und damit auch für unsere Fakultät. Mit diesen sich abzeichnenden Veränderungen müssen wir uns auseinandersetzen und versuchen, diese im Sinne der Fakultät bestmöglich zu gestalten.
Darüber hinaus beschäftigten uns die angestrebte Umsetzung des reformierten Approbationsstudiums in der Psychologie, deren Finanzierung bedauerlicherweise noch immer nicht final zugesichert ist, und die Neubesetzung eines Großteils der Professuren am Institut für Bewegungswissenschaft.
Wenngleich das vergangene Jahr nicht leicht war, habe ich persönlich wertvolle Einblicke in die Organisation und Funktionsweise unserer Universität gewonnen. Zudem wurde für mich gerade in den Zeiten der besonderen Herausforderung sehr deutlich, wie viele Personen bei uns überaus engagiert daran arbeiten, dass die Forschung und Lehre an unserer Fakultät bestmöglich laufen, nicht nur unter den Lehrenden und Forschenden selbst, sondern auch im Fakultätsmanagement, in den Studienbüros oder im Bereich des technischen Service. Auch die Studierenden haben sich trotz vielfältiger Belastungen engagiert eingebracht. Ohne dieses hervorragende Engagement von allen Seiten hätten wir die genannten Herausforderungen kaum bewältigen können. Der von mir wahrgenommene Zusammenhalt innerhalb unserer Fakultät stimmt mich für die Zeit, die vor uns liegt, optimistisch.
Die Profilinitiative der Fakultät „Veränderungsmechanismen (Mechanisms of Change)“ ist vor kurzem mit einer eigenen Webseite online gegangen. Können Sie uns die Initiative kurz schildern und zudem erzählen, welchen Beitrag ihr Arbeitsbereich dazu leistet?
Die Profilinitiative „Mechanisms of Change“ setzt sich zum Ziel, die vielfältigen Mechanismen, die den Veränderungen menschlichen Erlebens und Verhaltens zu Grunde liegen, sowie die Konsequenzen dieser Veränderungen auf individueller, sozialer und systemischer Ebene zu erforschen. Die Initiative ist maßgeblich aus unserer Fakultät hervorgegangen, an ihr sind mittlerweile jedoch auch zahlreiche Kolleg:innen aus anderen Fakultäten, wie etwa der Medizin, der Informatik oder der Betriebswirtschaft, beteiligt. Bisher haben sich zwei Säulen von „Mechanisms of Change“ herauskristallisiert, von denen eine auf Veränderungen in dynamischen sozialen Interaktionen und eine auf ontogenetische und Ereignis-getriebene Perioden für kognitive Veränderungen fokussiert. Ich freue mich sehr, dass „Mechanisms of Change“ vom Präsidium der Universität Hamburg als eine der vier derzeit am viel versprechendsten Profilinitiativen ausgewählt wurde und danke Frau Lehmann-Willenbrock und Frau Röder für ihr Engagement bei der Weiterentwicklung der Profilinitiative.
Mein Arbeitsbereich beschäftigt sich maßgeblich mit Lern- und Gedächtnisprozessen, die per Definition eine Veränderung implizieren und für jegliche Veränderungsprozesse zentral sind. Wir erforschen ferner, wie Stress und Emotionen zur Veränderung von kognitiven Prozessen beitragen. Dabei sind wir insbesondere auch an den kognitiven und neuronalen Mechanismen interessiert, die Lern- und Gedächtnisprozessen sowie deren Veränderung beispielsweise durch Stress zu Grunde liegen. Ich denke, dass unsere Forschung damit einen Beitrag zu einem besseren Verständnis von Veränderungsmechanismen auf individueller Ebene leisten kann, durch die Berücksichtigung sozialer Lernprozesse jedoch auch zum Verständnis von Veränderungen in sozialen Gruppen.
Welche Ziele, auch in Anbetracht der andauernden Pandemie, setzen Sie sich für Ihr zweites Amtsjahr?
Zunächst wünsche ich mir natürlich, dass die zunehmenden Impfungen Erfolge zeitigen und für unsere Fakultät – aber auch darüber hinaus für unser aller Leben – wieder etwas mehr Vor-Corona Normalität einkehrt. Doch selbst wenn dies gelingt, werden uns die Folgen der Pandemie noch lange beschäftigen. Ich gehe daher davon aus, dass die Pandemie und ihre Folgen auch das dominierende Thema für mein zweites Jahr als Dekan sein werden. Ein zentrales Ziel besteht für mich darin, dazu beizutragen, dass unsere Fakultät auch im Angesicht der sich abzeichnenden strukturellen Veränderungen an unserer Universität zukunftsfähig bleibt und ihre außerordentliche Leistungsfähigkeit in Forschung und Lehre beibehalten kann. Weiterhin bleiben zwei zentrale Ziele, die ich bei meiner Übernahme des Dekanats formuliert habe – die Umsetzung des Approbationsstudiums Psychotherapie und die damit verbundene Neugestaltung des Masterstudiengangs Psychologie sowie die Gestaltung des personellen Wandels am Institut für Bewegungswissenschaft – weiterhin ganz oben auf meiner Agenda. Darüber hinaus möchte ich gern den Austausch an unserer Fakultät und das weitere Zusammenwachsen zwischen Psychologie und Bewegungswissenschaft fördern.
Zur Person
Lars Schwabe studierte Psychologie an der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald und promovierte in der Abteilung für Klinische Physiologie an der Universität Trier. Nach Auslandstätigkeiten in Montreal (Kanada) und Leiden (Niederlande) sowie Stationen an den Universitäten Bochum und Düsseldorf ist Schwabe seit 2014 Professor für Kognitionspsychologie an der Universität Hamburg.